Geschichte der Studiengebühren — Geschichte der Sparprogramme
Im Wintersemester 1970/71 wurden in der Bundesrepublik Deutschland die allgemeinen Studiengebühren, damals „Hörergeld“, mit Hilfe von Protesten und Boykotts abgeschafft.
Aber immer wieder gab es Bewegungen in der Politik, die Studiengebühren forderten. Das ging meistens mit einem Bild von Universität einher, das diese nicht als öffentliche Einrichtung zur Verbreitung des gesellschaftlichen Guts Bildung, sondern als Anbieterin von Leistungen auf dem Markt der Ware Bildung auffasst. Entsprechend wenig ist solche Politik bereit, Bildungseinrichtungen eine angemessene finanzielle Ausstattung zukommen zu lassen.
Es wurden Rückmeldegebühren eingeführt um die Haushaltslöcher der Hochschulen zu stopfen. Die Hochschulen mussten in BaWü Anfang der 1990er arge Kürzungen im Haushalt hinnehmen, der 1996 für 10 Jahre eingefroren wurde (bis auf Baumaßnahmen). Diese geplante finanzielle Austrocknung der Hochschulen wurde übrigens 2006 um weitere 10 Jahre verlängert. Gleichzeitig wurde damals laut darüber nachgedacht, Studiengebühren für Langzeitstudierende einzuführen. Diese wurden in verschiedenen Ländern auch durchgesetzt (in BaWü zum WS 1998/99).
2002 wurde von der Kultusministerkonferenz ein allgemeines Studiengebührenverbot festgeschrieben. Langzeitstudiengebühren waren in bestimmten Ausnahmefällen erlaubt.
Gegen dieses Verbot klagten einige Bundesländer vorm Bundesverfassungsgericht, darunter BaWü. Sie führten an, dass der Bund seine Gesetzgebungskompetenz überschritten und in die Länderkompetenz eingegriffen habe.
Am 26.01.2005 fällte das Bundesverfassungsgericht das Urteil, dass ein Verbot allgemeiner Studiengebühren nur gerechtfertigt sei, um „gleichwertige Lebensbedingungen“ in den Ländern zu wahren. In diesem Fall sei aber kein Anlass zu solcher Sorge gegeben. Somit wurde das Gesetz von 2002 gekippt und der Weg für die allgemeinen Studiengebühren geebnet.
Schon im Dezember 2005 wurde in Baden-Württemberg Minister Frankenbergs Gesetzentwurf zur Einführung allgemeiner Studiengebühren von der Landesregierung beschlossen. Studiengebühren in Höhe von 500 € pro Semester wurden zum Sommersemester 2007 eingeführt. Es gab weiter Proteste gegen die Einführung, Demos und Boykotts wurden organisiert.
Der AK Studiengebühren der FSK organisierte einen Boykott und es wurden Klagen beim Verwaltungsgericht eingereicht. Wie an vielen anderen Universitäten in Baden-Württemberg wurden die Studierenden in Heidelberg von der studentischen Vollversammlung dazu aufgefordert, die 500 € nicht an die Universität, sondern auf ein Treuhandkonto zu überweisen. Man hätte dann unter Bezug auf das zurückgehaltene Geld als Druckmittel mit der Landesregierung Gespräche begonnen. Leider wurde das beschlossene Quorum mit nur ca. 1200 statt 4500 eingegangenen Zahlungen nicht erreicht und der Boykott daher nicht durchgeführt. Die Studiengebühren konnten damit nicht abgeschafft werden.
Auch im Bildungsstreik, der 2009-2011 die Bildungspolitik aufrüttelte, war die Forderung nach Abschaffung der Studiengebühren (als einer Bildungsgebühr von vielen) stets zentral. Darum organisierten viele baden-württembergische Bildungsstreik-Gruppen, auch in Heidelberg, nach den Erfahrungen aus Hessen und NRW im Hinblick auf die Landtagswahl nochmals Demonstrationen im Januar 2011. Von SPD über Grüne bis Linkspartei fand sich im Wahlprogramm zur Landtagswahl 2011 denn auch die Absichtserklärung wieder, die Studiengebühren abzuschaffen.
Zum Sommersemester 2012 hat nun tatsächlich die grün-rote Landesregierung ihr Wahlversprechen eingelöst: Die Studiengebühren wurden, bei voller Kompensation aus Landesmitteln, abgeschafft!
Für die fehlenden Gelder gab es auch Ausgleichszahlungen vom Land, die sogenannten Qualitätssicherungsmittel, von denen du schon weiter vorne in diesem Heft erfahren hast.